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25. Jan 10: «Sonne»
«Sonne» brachte neun Leute an den Tisch.
Die einen kamen nur zum Hören, andere brachten was mit. Das Thema
war nicht einfach literarisch umzusetzen, obwohl es bei der Auswahl
allen so schien. Zumindest im Titel kam der Begriff vor ;-) Lukas
berichtete als Nachtrag über «Herta Müller».
Folgende
Bücher wurden vorgestellt:
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Georges
Bernanos, «Die Sonne Satans»
Die LeserInnen von «Le Monde» wählen „Die
Sonne Satans" zu den besten 50
Bücher des 20. Jahrhunderts. Das
Buch dominiert durch den Klerus, durch die Aufarbeitung von Sünde,
letztendlich durch den immerwährenden Kampf zwischen Gut
und Böse, zwischen Gott und Satan. Im Mittelpunkt steht
ein Pfarrer einer kleinen Gemeinde, Abbé Donissan. Dieser,
ursprünglich ein bäuerlicher, einfacher Typ, der die
Weihe zum Priester nicht ohne Selbstzweifel besteht, wird durch
die leibhaftige Begegnung mit dem Satan zu einem Heiligen in
dieser Gegend. Die Sprache Bernanos ist das eigentlich Erwähnenswerte.
Der Roman liest sich wie sich manche Werke von Beethoven hören.
Mächtig, übervoll, imposant. „Die menschliche
Sprache reicht nicht aus, um in begrifflicher Fassung die Gewissheit
einer wirklichen Gegenwart auszudrücken, denn alle unsre
Gewissheiten sind abgeleitet, und die Erfahrung ist für
die meisten Menschen nach einem langen Leben nur das Ende einer
langen Reise um ihr eigenes Nichts." «Sous le Soleil
de Satan» (1926)
- Die Sonne Satans (1987 verfilmt) [Nathalie] |
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Bernardo
Carvalho, «In São Paulo geht die Sonne
nicht unter»
Ein arbeitsloser Schriftsteller lässt sich
in Brasil von einer Wirtin eine verstrickte Liebesbeziehung erzählen,
deren Abbruch in Japan endet, wohin er ihr folgt. Der Inhalt
dieser Story war kaum zu entziffern.[Ursula]
Nathalie konnte stante pede erklären, worum
es bei Carvalho geht, der in Brasilien in eine grosse Auseinandersetzung
gebracht wurde in Sachen Bestsellerschreiberei. |
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Sjón, "Schattenfuchs"
Ein Frachtschiff strandet mit einer riesigen Ladung
Tran und einer angeketteten, missbrauchten, jungen Frau mit Down-Syndrom. Ein
Botaniker nimmt sie auf, bis sie stirbt. Dem Pfarrer gibt er einen
Sarg mit Kuhdung und begräbt sie selbst. Der Pfarrer geht auf
Fuchsjagd und gerät in eine Lawine. Der Pfarrer hat eine besondere
Beziehung zur jungen Frau. "Eine sehr gehaltvolle Geschichte" von
Sigurjón B. Sigurdsson [Ursula]
Erläuterungen von Wikipedia zu Tran und
zu Polarlicht |
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Khaled
Hosseini, «Tausend strahlende Sonnen»
Ein reicher Afghane hat ein Kind mit dem Dienstmädchen.
Er besucht das Kind regelmässig. Nach Suizid der Mutter
nimmt er das Mädchen in seinem Haushalt auf und wird als
15Jährige mit einem 30jährigen Schuhmacher verheiratet. Nach
Wirren nehmen sie die Nachbarin Leyla auf. Diese gebiert eine
Tochter von ihrem verstorbenen Freund, später einen Sohn
des Schuhmachers. [Barbara] |
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Herta
Müller, «Niederungen» 
Herta Müller wuchs als «Banater Schwäbin» in
Rumänien auf, studierte in Timisoara Germanistik. Ihr Erstling
war «Niederungen». Die Geheimpolizei Securitate zensierte
das Werk massiv, der Rotbuchverlag veröffentlichte dann 1984
das Original. Herta Müller fühlt sich auch heute noch durch
die Securitate beeinträchtigt (Zeitartikel vom 23. Juli 2009).
Am 8. Okt. 2009 wurde sie mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet:
"who, with the concentration of poetry and the frankness of
prose, depicts the landscape of the dispossessed".
Niederungen enthält eine lange und viele
kurze Geschichten. Das Leben im kleinen Dorf wird beschrieben mit
seinen inzestuösen Verstrickungen. Herta Müller gebietet über
einen hintergründigen Witz. Ob sie ein "schwäbisches
Bad" schildert (fünf Personen nacheinander in einer Badewanne)
oder den "Arbeitstag" ("es ist wieder mal Montag,
und wieder mal ist eine Woche zu Ende") oder die Leere der
Stadt ("Die Eulen fressen die Küsse auf, die auf den
Bänken geblieben sind"), immer findet sie überraschende,
poetische Wendungen.
3 Zitate: «Ich wollte etwas
sagen, aber ich hatte den Mund so voller Zunge, dass ich kein einziges
Wort hervorbrachte. Ich sah auf meine Hände. Sie lagen wie
abgehackt vor mir auf dem Fensterbrett, ganz regungslos. Meine
Nägel waren wieder schmutzig. Ich roch an meiner
Hand und konnte den Geruch nicht bestim-men. Der Schmutz hatte
keinen Geruch, auch meine Haut hatte keinen.» «Die
Schwalbe neben dem Balken beugte sich mit dem ganzen weissen Bauch über
den Nestrand vor und schaute herüber. Sie zwitscherte keinen
Laut.» «Mutter nähte ein Wandtuch.
Jenes über dem Sparherd hatte viele Rostflecken vom Wäschedraht
und war fadenscheinig.» [Lukas] |
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