links

Literaturkreis
Dorfmuseum Lengnau

rechts
03.02.10
 

25. Jan 10: «Sonne»

«Sonne» brachte neun Leute an den Tisch. Die einen kamen nur zum Hören, andere brachten was mit. Das Thema war nicht einfach literarisch umzusetzen, obwohl es bei der Auswahl allen so schien. Zumindest im Titel kam der Begriff vor ;-) Lukas berichtete als Nachtrag über «Herta Müller».

Folgende Bücher wurden vorgestellt:

Dienstags bei Morrie

Georges Bernanos, «Die Sonne Satans»

Die LeserInnen von «Le Monde» wählen „Die Sonne Satans" zu den besten 50 Bücher des 20. Jahrhunderts. Das Buch dominiert durch den Klerus, durch die Aufarbeitung von Sünde, letztendlich durch den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Gott und Satan. Im Mittelpunkt steht ein Pfarrer einer kleinen Gemeinde, Abbé Donissan. Dieser, ursprünglich ein bäuerlicher, einfacher Typ, der die Weihe zum Priester nicht ohne Selbstzweifel besteht, wird durch die leibhaftige Begegnung mit dem Satan zu einem Heiligen in dieser Gegend. Die Sprache Bernanos ist das eigentlich Erwähnenswerte. Der Roman liest sich wie sich manche Werke von Beethoven hören. Mächtig, übervoll, imposant. „Die menschliche Sprache reicht nicht aus, um in begrifflicher Fassung die Gewissheit einer wirklichen Gegenwart auszudrücken, denn alle unsre Gewissheiten sind abgeleitet, und die Erfahrung ist für die meisten Menschen nach einem langen Leben nur das Ende einer langen Reise um ihr eigenes Nichts." «Sous le Soleil de Satan» (1926) - Die Sonne Satans (1987 verfilmt) [Nathalie]

Die Entdeckung der Langsamkeit

Bernardo Carvalho, «In São Paulo geht die Sonne nicht unter»4 Sterne

Ein arbeitsloser Schriftsteller lässt sich in Brasil von einer Wirtin eine verstrickte Liebesbeziehung erzählen, deren Abbruch in Japan endet, wohin er ihr folgt. Der Inhalt dieser Story war kaum zu entziffern.[Ursula]

Nathalie konnte stante pede erklären, worum es bei Carvalho geht, der in Brasilien in eine grosse Auseinandersetzung gebracht wurde in Sachen Bestsellerschreiberei.

Der Konvoi Sjón, "Schattenfuchs"4 Sterne

Ein Frachtschiff strandet mit einer riesigen Ladung Tran und einer angeketteten, missbrauchten, jungen Frau mit Down-Syndrom. Ein Botaniker nimmt sie auf, bis sie stirbt. Dem Pfarrer gibt er einen Sarg mit Kuhdung und begräbt sie selbst. Der Pfarrer geht auf Fuchsjagd und gerät in eine Lawine. Der Pfarrer hat eine besondere Beziehung zur jungen Frau. "Eine sehr gehaltvolle Geschichte" von Sigurjón B. Sigurdsson [Ursula]

Erläuterungen von Wikipedia zu Tran und zu Polarlicht

Chronist der Winde

Khaled Hosseini, «Tausend strahlende Sonnen»5 Sterne

Ein reicher Afghane hat ein Kind mit dem Dienstmädchen. Er besucht das Kind regelmässig. Nach Suizid der Mutter nimmt er das Mädchen in seinem Haushalt auf und wird als 15Jährige mit einem 30jährigen Schuhmacher verheiratet. Nach Wirren nehmen sie die Nachbarin Leyla auf. Diese gebiert eine Tochter von ihrem verstorbenen Freund, später einen Sohn des Schuhmachers. [Barbara]

Momo

Herta Müller, «Niederungen» 5 Sterne

Herta Müller wuchs als «Banater Schwäbin» in Rumänien auf, studierte in Timisoara Germanistik. Ihr Erstling war «Niederungen». Die Geheimpolizei Securitate zensierte das Werk massiv, der Rotbuchverlag veröffentlichte dann 1984 das Original. Herta Müller fühlt sich auch heute noch durch die Securitate beeinträchtigt (Zeitartikel vom 23. Juli 2009). Am 8. Okt. 2009 wurde sie mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet: "who, with the concentration of poetry and the frankness of prose, depicts the landscape of the dispossessed".

Niederungen enthält eine lange und viele kurze Geschichten. Das Leben im kleinen Dorf wird beschrieben mit seinen inzestuösen Verstrickungen. Herta Müller gebietet über einen hintergründigen Witz. Ob sie ein "schwäbisches Bad" schildert (fünf Personen nacheinander in einer Badewanne) oder den "Arbeitstag" ("es ist wieder mal Montag, und wieder mal ist eine Woche zu Ende") oder die Leere der Stadt ("Die Eulen fressen die Küsse auf, die auf den Bänken geblieben sind"), immer findet sie überraschende, poetische Wendungen.

3 Zitate: «Ich wollte etwas sagen, aber ich hatte den Mund so voller Zunge, dass ich kein einziges Wort hervorbrachte. Ich sah auf meine Hände. Sie lagen wie abgehackt vor mir auf dem Fensterbrett, ganz regungslos. Meine Nägel waren wieder schmutzig. Ich roch an meiner Hand und konnte den Geruch nicht bestim-men. Der Schmutz hatte keinen Geruch, auch meine Haut hatte keinen.» «Die Schwalbe neben dem Balken beugte sich mit dem ganzen weissen Bauch über den Nestrand vor und schaute herüber. Sie zwitscherte keinen Laut.» «Mutter nähte ein Wandtuch. Jenes über dem Sparherd hatte viele Rostflecken vom Wäschedraht und war fadenscheinig.» [Lukas]

  5stars = ein Must! ... bis ... 1star = Chasch vergässe!
 
 

Übersicht und Buchbesprechungen auf: Dorfmuseum Lengnau AG

Back