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22.07.08

ESOF 2008

Gerry Gilmore, FInstP, ScD, Professor of Experimental Philosophy, University of Cambridge UK

ESOF 2008Keynote Speaker at the ESOF2008 session «The Very Big and the Very Small», will speak on «The Universe and Reality».

5% - 25% - 70%

Rund um uns dunkle Energie - von Barbara Vonarburg [Powered by TIOWS, Copyright © Tages-Anzeiger]

Gerry Gilmore ist Professor für experimentelle Philosophie und formuliert Sätze wie: «Das Etwas ist ein Fehler im Nichts.» Oder: «Alles um uns herum ist völlig irrelevant in Bezug auf das Universum.» Der 56-Jährige, der an der britischen Cambridge University lehrt, zählt zu den weltweit renommiertesten Forschern, die ihre Erkenntnisse dieser Tage an einem Wissenschaftskongress in Barcelona einem breiten Publikum präsentieren. Mehr als 3000 Teilnehmer sind zum 5tägigen Euroscience Open Forum gereist. Gilmore will mit Hilfe der modernen Naturwissenschaften uralte philosophische Fragen beantworten. Mit seinen Aussagen bringt er die Zuhörer zum Kopfschütteln, Schmunzeln und Nachfragen: Wie war das genau?

Das Universum bestehe nur zu 5% aus Materie, aus der auch wir selbst aufgebaut seien, erklärt der Forscher. 25% des Universums bestehen aus einer anderen, noch unbekannten Form von dunkler Materie, 70% aus noch mysteriöserer dunkler Energie. Das zeige, welch unbedeutende Rolle wir spielten und wie fremdartig das Universum für unseren Verstand sei. Gilmore versucht mit seinem Team herauszufinden, woraus die dunkle Materie besteht. Sind es Elementarteilchen, wie man auf Grund neuester Beobachtungen vermutet, könnten diese nicht nur weit draussen im All anzutreffen sein. «Wahrscheinlich fliegen diese Partikel gerade jetzt durch Ihren Kopf», sagt der Forscher und lässt damit manchen Zuhörer ein wenig erschauern, was ihm sichtlich Spass bereitet.

Aufgewachsen ist Gilmore auf einer kleinen Farm in Neuseeland. Zu seinem Beruf sei er durch Zufall gekommen, erzählt er. «In der Schule war Latein mein Lieblingsfach.» Doch weil er faul gewesen sei, habe er sich für das Gebiet entschieden, das ihm am wenigsten Mühe machte: die Physik. Er studierte Quantenmechanik, fand diese aber bald langweilig, weil die interessanten Entdeckungen in diesem Bereich Ende der 70er-Jahre bereits gemacht waren. «Da wurde ich Lastwagenchauffeur», erzählt er. Ein Jahr lang sei er durch Neuseeland gefahren, vor allem nachts, bis ihn die Universität angefragt habe, ob er nicht zurückkommen und sich mit Astronomie befassen wolle. [LuPi: Se non è vero è ben trovato!]

Seither beschäftigt sich Gilmore mit dem Universum und ist von seiner Aufgabe begeistert. Dank der Satellitentechnik und neuer Riesenteleskope macht die Astronomie enorme Fortschritte. Gilmore versucht dabei, die elementaren Fragen im Auge zu behalten. Zum Beispiel: Warum existieren wir? Es hat mit einem Fehler im Nichts zu tun. Doch weil die Sache nicht so einfach ist, holt der Astrophysiker aus: «Wenn Sie etwas genau betrachten, wird es unklar. Nehmen Sie beispielsweise den Stuhl, auf dem Sie sitzen.» Wir wissen, dass der Stuhl aus Molekülen besteht und diese wiederum aus Atomen. Dazwischen gibt es viele Lücken. Das Gleiche gilt für die Atome selbst, sie bestehen fast nur aus leerem Raum. «Und so geht es weiter», meint der Forscher. «Je genauer Sie etwas anschauen, umso mehr verschwindet es.»

Ähnliches passiert, wenn man dem Urknall, dem Beginn von Raum und Zeit, auf die Spur kommen will. «Auch wenn Sie sich der Zahl Null nähern, wird das Konzept verschwommen», sagt Gilmore. Positive und negative Unendlichkeiten würden sich ausbalancieren, aber nur so stark, dass ein bisschen Unendlichkeit übrig bleibt. «Es ist noch immer ziemlich viel.» Handelt es sich dabei um Energie, explodiert diese und produziert einen Urknall.

So abgehoben das tönen mag, so handfest ist ein anderes Gebiet, für das sich Gilmore besonders interessiert: Cricket, der neuseeländische Nationalsport. Dafür schalte er den TV-Apparat ein, sagt er. Sonst sitze er nie vor dem Fernseher. Lieber liest er Bücher und lässt sich von Gedichten inspirieren. Sein Sohn studiere Pharmakologie, erzählt der Astrophysiker. Die Tochter habe ihr Studium in theoretischer Physik abgeschlossen. «Sie ist viel gescheiter als ich», meint er lachend. Sie habe die Physik an den Nagel gehängt und arbeite nun in einem richtigen Job als Bankerin.

Gerry Gilmores's Website


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