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28.11.06

*Verdi - im Leben von 2006*


Don Carlos am Theater Basel:
Verdi erhitzt die Gemüter

Basel. baz. Am Ende gab es Standing Ovations, doch zuvor verliessen einige Premierenbesucher angewidert das Theater. Verdis «Don Carlos» geht in der Basler Inszenierung von Calixto Bieito an die Grenze des Erträglichen. Der Katalane zeigt eine ungeschönte Vision einer der grausamsten Epochen der Weltgeschichte voller Sex, Heuchelei und Brutalität. Das geht zumindest dem Baselbieter Politiker Rudolf Keller (SD) zu weit: Mit einer Motion will er von seiner Kantonsregierung erreichen, dass das Theater Basel ein Jahr lang keine Subventionen mehr erhält.

Puh-Rufe aber auch viel Applaus schenkte das Publikum der Verdi-Oper "Don Carlos", inszeniert vom Skandal-Regisseur Calixto Bieito. Kaum war die Premiere vorbei, sorgte sie auch schon für Schlagzeilen. Regionaljournal Basel (11min 58s). [Den zweiten Teil über Nacktheit auf der Bühne hätte sich RadioBasel ersparen können. Spannender wären Interviews mit Schauspielern, Regisseur, Dirigent, Publikum gewesen.]

Mich hat die Inszenierung tief bewegt, weil es Bieito gelungen ist, die dicht verwobene Geschichte, die Verdi in intensive Musik verwoben hat, in unseren Alltag des Lebens zu stellen. Intensive Lichtführung, überzeugende Kulisse, politaktivistische Umsetzung, grossartige Stimmen, tolle schauspielerische Leistung sind einige meiner Stichworte. Was soll eine pseudorealisitsche Aufführung eines 1886 aufgeführten Stückes mit Inhalt aus dem Mittelalter? Warum kann ich genüsslich lächelnd bleiben bei den mafiösesten Situationen, nur weil sie 500 Jahre zurück liegen? Das ist Augenwischerei oder mehr. Dass es Bieito gelungen ist, die SchauspielerInnen von seiner Umsetzungsidee zu überzeugen, diesen Don Carlos ins Leben von heute zu stellen, ist ihm hoch anzurechnen. Und Leandra Overmann [Link] als Lady Eboli war sensationell!

Infos Theater Basel

Ein Interview mit Calixto Bieito zur Frage «Wieviel Schock erträgt die Kunst?»