Google-Vizepräsident Urs Hölzle zum Standort Zürich [NZZ 27.01.2004] NZZ: Urs Hölzle, Sie haben an der ETH Zürich studiert. Hat dies den Entscheid beeinflusst, Google nach Zürich zu bringen? U. H.: Der Standort Zürich muss als Standort Europa gesehen werden, denn wir werden die besten Informatiker Europas nach Zürich holen. Da viele dieser Leute nicht in den USA arbeiten wollen, kommen wir zu ihnen nach Europa. Wir haben auch europäische Mitarbeiter in den USA, die gerne zurück nach Europa kommen. Zürich liegt geographisch ideal, bietet sehr gute Lebensqualität, ist investitionsfreundlich, hat ein hohes Lohnniveau und unkomplizierte Strukturen zur Beantragung von Visa. Für eine Technologiefirma ist natürlich die Präsenz einer Hochschule wie der ETH wichtig. Dies war aber nicht allein ausschlaggebend für die Wahl, sondern vielmehr die Kombination der genannten Voraussetzungen. Strebt Google eine Zusammenarbeit mit der ETH an? Es ist noch verfrüht, über mögliche Bereiche der Zusammenarbeit zu sprechen. In den USA besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen Google und der Universität Stanford. Es gibt aber zurzeit keine Pläne ähnlicher Kollaborationen mit europäischen Universitäten. Welches Ziel verfolgt Google mit ihrer Niederlassung in Zürich? Dass alle Zürcher beim nächsten Sechseläuten T-Shirts mit der Aufschrift «I Google» tragen werden (lacht). Primär wollen wir in Zürich das Gleiche machen wie in den anderen Entwicklungszentren, nämlich Software entwickeln. Eine wichtige Rolle könnten Such-Algorithmen und die bessere Verarbeitung verschiedener Sprachen spielen. Im vielsprachigen Europa hoffen wir Ingenieure zu finden, die uns in der Weiterentwicklung der Sprachverarbeitung helfen. In den USA bewerben sich täglich über tausend Informatiker für einen Job bei Google, jedoch nur die wenigsten werden engagiert. Wer hat eine Chance, in Zürich angestellt zu werden? Unsere Niederlassung wird sich entsprechend dem Pool an Talenten, die wir in Europa antreffen, entwickeln. Deshalb kommen wir nicht mit der Vorstellung nach Zürich, ausschliesslich Leute mit Erfahrung in Suchmaschinen einzustellen. Es gibt gar nicht genügend gute Suchmaschinen neben Google, die solche Arbeitskräfte freistellen könnten. Generell halten wir Ausschau nach kreativen Ingenieuren, die gerne schwierige Probleme lösen. Nicht primär die langjährige Berufserfahrung zählt, sondern Flexibilität und Gewandtheit im Denken. Sicher ist, dass alle neuen Mitarbeiter einige Monate in Googles Hauptquartier in Mountain View geschult werden müssen, bevor sie in Zürich arbeiten können. Am 2. Februar führt die Informatikabteilung der ETH eine Job-Fair durch. Wird Google dort nach zukünftigen Mitarbeitern Ausschau halten? Google wird diese Job-Fair besuchen, weil uns talentierte Hochschulabgänger interessieren. Die Suche nach zukünftigen Mitarbeitern wird jedoch nicht ausschliesslich in Zürich, sondern in ganz Europa stattfinden. Wann und wo startet Google in Zürich? Irgendwann im Frühjahr. Eine Adresse steht noch nicht fest. Google gilt zurzeit als eine der attraktivsten und erfolgreichsten Hightech-Firmen der Welt. Wird das Unternehmen in Zürich einen Technologie- Funken zünden, der auf andere Unternehmungen überspringen wird? Die Schweiz verfügt über gute Voraussetzungen und über viele Talente. Als ich vor 15 Jahren aus der Schweiz wegging, gab es allerdings kaum Venture-Capital für junge Firmen, und die Risikobereitschaft, Geld zu verlieren und nach gescheiterten Projekten etwas Neues auszuprobieren, war wenig verbreitet. Diese beiden Voraussetzungen brauchte es, um aus Google die Firma von heute zu machen. Wenn die Schweiz dazu bereit ist, kann der Google-Funken auf sie überspringen. Interview: snu. [NZZ 27.01.2004] |