Neues
Lernen im virtuellen
Klassenzimmer
Lernen
am PC: Kurse für Lehrer und
Lehrerinnen, damit sie wissen,
wovon Jugendliche
sprechen.
Von
Timm Delfs
Mit
einer grossangelegten
Bildungsinitiative möchte
Microsoft die Lehrkräfte von
den Vorzügen des
computerunterstützten
Lernens überzeugen. Lernen
am Computer in Verbindung mit
anderen Studierenden und einer
Lehrkraft ist eine neue Form, den
PC kennen zu
lernen.
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Eine
ungewohnte Klasse traf sich am vergangenen
Samstag in Zürich zur Evaluation
ihres ebenso ungewöhnlichen, soeben
abgeschlossenen Lehrgangs. Zweiundzwanzig
Lehrerinnen und Lehrer aus
unterschiedlichsten Bildungsinstituten der
Schweiz waren zusammengekommen, um mit
ihrem Lehrer zu besprechen, wie sie den
eben absolvierten achtwöchigen Kurs
erlebt hatten. Das Spezielle an der
Versammlung bestand darin, dass sich die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer erst
einmal, nämlich zu Beginn des
Lehrgangs gesehen hatten.
Unterrichtet
wurde nicht in einem gemeinsamen Raum,
sondern im virtuellen Klassenzimmer. Das
heisst zu Hause am eigenen PC, mit dem
Lehrer und den Mitschülerinnen und
Mitschülern via Internet verbunden.
Der Computerbildschirm muss bei dieser
Unterrichtsform, die von den Anbietern
«elernen» genannt wird, gleich
mehrere aus der herkömmlichen
Schulstunde bekannte Werkzeuge ersetzen.
Er ist Wandtafel, Projektor und
Schreibblock zugleich. Dank schnellen
Datentransfers und Voice over IP sind
mündliche Erklärungen und
Wortmeldungen möglich. Der gemeinsame
online-Unterricht bildet jedoch beim
«Computer Based Teaching» (CBT),
wie das neu heisst, nur einen Teil des
Lehrganges. Der Löwenanteil
wird
mit
Hilfe von Lernsoftware
erarbeitet.
Diese
Art von ortsunabhängigem
Unterricht
ist ein Kind der Globalisierung der
Privatwirtschaft. Grosse Konzerne haben
die Vorzüge des CBT für sich
entdeckt, wenn es beispielsweise darum
geht, neue Software oder neue Computer
weltweit bei den Mitarbeitern
einzuführen. Solche so genannte
Rollouts sind in der Regel mit
beträchtlichem Aufwand verbunden und
von entsprechenden Ausfällen
begleitet. Lernsoftware, online-Support
und virtuelle Klassenzimmer wurden
entwickelt, um derartige Umstellungen
möglichst schnell und reibungslos mit
einem weltweit gleich hohen Niveau
durchzuführen.
Pilotkurs
gestartet
Was
sich im Wirtschaftsalltag bewährt,
sollte auch in der Schule zumindest
bekannt sein, findet man bei Microsoft.
Deshalb wurde im Oktober ein
achtwöchiger Pilotkurs für
Lehrkräfte gestartet, in dem
Arbeitstechniken mit dem Paket
«Office 2000» vermittelt werden.
Im nächsten Frühling folgen
reguläre Kurse für fünf
Regionen in der Schweiz. Die Kurse in
Zürich, Bern, St. Gallen, Basel und
Luzern werden von der Firma
«Teachforce» durchgeführt,
die in der Schweiz zu den Pionieren auf
diesem Gebiet gehört. «Mit den
Kursen für Lehrkräfte verfolgen
wir drei Ziele», erklärt Peter
Kindlimann, der das Projekt für
Microsoft in die Wege geleitet hat.
«Die Lehrkräfte sollen die
Office Suite für ihre eigenen
administrativen Arbeiten im Zusammenhang
mit der Schule nutzen lernen, sie sollen
lernen, damit Unterrichtswerkzeuge
für den Unterricht zu erstellen und
sie sollen mit der neuen Form von
Unterricht vertraut gemacht werden, bevor
ihre Schützlinge mehr darüber
wissen als sie».
Einseitiges
Angebot?
Dass
bei diesen Kursen Microsoft als einziger
Anbieter zu Wort kommt, hat die
Absolventen des Pilotkurses wenig
gestört. Das Votum eines Lehrers
lautete: «Wenn ich meine
Schülerinnen und Schüler auf den
Arbeitsalltag vorbereiten möchte,
sollen sie mit der Software umgehen
können, mit der sie in Zukunft mit
der grössten Wahrscheinlichkeit
konfrontiert werden, und das ist nun mal
Office.» Ausserdem seien sich die
meisten Textverarbeitungs- und
Tabellenkalkulationsprogramme in der
Anwendung sehr ähnlich, wodurch man
bei Beherrschen des einen auch andere
bedienen könne.
Die
Bedürfnisse und der aus dem Pilotkurs
gezogene Nutzen fielen in der heterogenen
Gruppe sehr unterschiedlich aus. Da waren
einerseits die Freaks, die ohnehin bereits
viel mit dem Computer erledigen und in
erster Linie auf die praktische
Durchführung des Kurses sowie Tricks
und Kniffe im Umgang mit der Software
gespannt waren. Sie waren auch diejenigen,
die den Computer bereits im Unterricht
anwenden.
Lehrkräfte
für die Primarstufe hingegen waren in
erster Linie an der Verwendung für
eigene Zwecke interessiert. Eine
Kursteilnehmerin gab zu Protokoll, dass
das Angebot für sie eine Chance
darstelle, ihre Abneigung gegenüber
ihrer «Kiste» abzubauen. Sie
hätte sich vorher nicht
erträumen lassen, dass das Arbeiten
vor dem Bildschirm so viel Spass machen
könne.
Obschon
der Pilotkurs acht Wochen dauerte, gab es
in der ganzen Zeit lediglich vier
Lektionen, während denen der
Klassenverband und die Lehrkraft gemeinsam
online waren. Solche Lektionen dauern so
lange wie eine herkömmliche
Unterrichtslektion, da die Arbeit sehr
konzentrationsintensiv und gleichzeitig
effizient ist. Tag und Zeitpunkt sind im
Voraus bestimmt und sind am ehesten mit
einer Telefonkonferenz vergleichbar. Jeder
Kursteilnehmer sieht den selben
Bilschirminhalt. Über ein Headset,
bestehend aus Kopfhörer mit
integriertem Mikrofon, wird der
Sprachkontakt gewährleistet. Anders
als beim Telefon kann aber nur immer eine
Person sprechen.
Lernen
am Bildschirm
Auf
dem Bildschirm ist neben der
Arbeitsfläche eine Knopfleiste mit
kleinen Bildern der Kursteilnehmer und der
Lehrkraft sichtbar. Sie zeigt auch, wer
gerade das Wort hat. Wortmeldungen muss
man, ähnlich wie beim
herkömmlichen Unterricht, anmelden.
Statt die Hand zu heben, klickt man auf
einen Knopf, der eine erhobene Hand zeigt.
Man kann sogar Nachrichten untereinander
austauschen, ohne dass die Lehrperson das
erfährt. Der Bildschirminhalt wird
beim Frontalunterricht weitgehend vom
Tutor bestimmt, der den Kursteilnehmern
Aufgabestellungen, Grafiken und Texte auf
den Bildschirm zaubern kann. Wenn er den
Teilnehmern eine Excel Tabelle schickt,
wird bei allen automatisch das Programm
gestartet.
Sobald
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf
eine Tabelle oder eine Webseite, die ihnen
vorgelegt wird, zugreifen, können sie
sie individuell verändern und das
Ergebnis lokal abspeichern. Wer in
Schwierigkeiten gerät, kann die Hilfe
der Lehrkraft mit der so genannten
«über die
Schulter»-Funktion beanspruchen. Die
Lehrkraft lässt sich den
Bildschirminhalt des Kursteilnehmers auf
dem eigenen Bildschirm zeigen, nimmt
dessen Cursor selbst in die Hand und
manövriert ihn oder sie so zum
Ziel.
Ausserhalb
der online-Lektionen wird in individuellem
Tempo mit Hilfe der mitgelieferten
Lernsoftware gearbeitet. Chat-Foren zu
vereinbarten Zeiten und der Austausch von
E-Mails sollen sicher stellen, dass
niemand den Anschluss
verpasst.
Der
erste Kurs «Einführung in Office
2000» für den Raum Basel beginnt
am 17. Februar. Die Kosten betragen Fr.
250.-. Im Preis enthalten ist die
Lernsoftware in Form einer CD-Rom, die
Leihe eines Headsets und die
Abklärungen bezüglich
Anforderungen an Hardware und Software.
Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen
bekommen Office 2000 zum Vorzugspreis von
Fr. 125.-. Aus praktischen Gründen
wendet sich der Kurs nur an PC-Anwender.
Ein Lehrgang für Mac-User ist jedoch
geplant.
Infos
und Anmeldung unter http://www.elernen.ch
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